Lohnsteuerabzug im Übergangszeitraum 2011
Das Bundesfinanzministerium hat detailliert erklärt, wie beim Lohnsteuerabzug und dem Umgang mit der Lohnsteuerkarte im Übergangsjahr 2011 zu verfahren ist.
Weil sich die Einführung der elektronischen Lohnsteuerkarte um ein Jahr verzögert hat, gilt auch in 2011 noch die Lohnsteuerkarte für 2010. In einem umfangreichen Schreiben hat sich das Bundesfinanzministerium nun zu den Vorschriften geäußert, die Arbeitgeber und Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug im nächsten Jahr beachten müssen.
Die notwendigen gesetzlichen Regelungen selbst wurden zum Großteil erst mit dem Jahressteuergesetz 2010 geschaffen, weichen aber nicht von dem ab, was das Ministerium in seinem Schreiben schon einige Wochen vor Bekanntmachung des Gesetzes geregelt hat. Das Schreiben enthält auch Vorgaben für das neue elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren ab 2012. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich hier noch Änderungen im Lauf des kommenden Jahres ergeben. Ohnehin sind die im Folgenden zusammengefassten Regelungen für 2010 bereits sehr umfangreich.
Lohnsteuerkarte 2010: Die Ausstellung einer Lohnsteuerkarte erfolgt letztmalig für das Kalenderjahr 2010, für 2011 stellen die Gemeinden keine Lohnsteuerkarten mehr aus. Die Gültigkeit der Lohnsteuerkarten 2010 wird daher bis zur erstmaligen Anwendung der ELStAM verlängert.
Fortbestehendes Arbeitsverhältnis: Für Arbeitnehmer entfällt bei einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis die Verpflichtung, für das Kalenderjahr 2011 eine neue Lohnsteuerkarte vorzulegen. Der Arbeitgeber darf die Lohnsteuerkarte 2010 nicht wie bisher am Jahresende vernichten, sondern muss die darauf enthaltenen Angaben unter Beachtung zwischenzeitlich geänderter Eintragungen auch für den Lohnsteuerabzug im Jahre 2011 zugrunde legen. Außerdem muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte zur Änderung der Eintragungen vorübergehend überlassen. Eine Vernichtung der Lohnsteuerkarte 2010 ist erst mit der Einführung des neuen Verfahrens zulässig.
Arbeitgeberwechsel: Bei einem Arbeitgeberwechsels oder bei der Beendigung des Dienstverhältnisses muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte 2010 innerhalb einer angemessenen Frist aushändigen. Beginnt der Arbeitnehmer ein neues Dienstverhältnis, muss er dem neuen Arbeitgeber die Lohnsteuerkarte 2010 vorlegen.
Ersatzverfahren: Arbeitnehmer ohne Lohnsteuerkarte 2010, die im Jahr 2011 Besteuerungsmerkmale für eine Beschäftigung benötigen, müssen beim Finanzamt eine Ersatzbescheinigung mit dem eigens dafür geschaffenen amtlichen Formular beantragen. Das betrifft insbesondere diejenigen, die 2011 erstmals ein Arbeitsverhältnis beginnen oder ein zusätzliches Arbeitsverhältnis aufnehmen, aber auch den Fall, dass die Lohnsteuerkarte 2010 verloren gegangen ist oder versehentlich vernichtet wurde. Für die Ersatzbescheinigung gilt ansonsten dasselbe wie für die Lohnsteuerkarte 2010.
Vereinfachungsregelung für Azubis: Für einen Azubi, der sein Ausbildungsverhältnis 2011 als erstes Dienstverhältnis beginnt, gilt eine Vereinfachungsregelung. Hier wird typisierend unterstellt, dass Lohnsteuerkarten für 2010 nicht ausgestellt wurden und regelmäßig die Steuerklasse I gilt, weil es sich in der Regel um Schulabgänger handelt, die erstmalig berufstätig werden. Folglich kann der Arbeitgeber in diesen Fällen den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung nach der Steuerklasse I vornehmen. Der Auszubildende muss seinem Arbeitgeber die Identifikationsnummer, den Tag der Geburt und die rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft mitteilen und schriftlich bestätigen, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt. Der Arbeitgeber hat diese schriftliche Bestätigung als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen und mindestens bis zum Ablauf des Kalenderjahres aufzubewahren. Liegen die Voraussetzungen für die Vereinfachungsregelung nicht vor oder es liegen die Voraussetzungen für eine günstigere Steuerklasse vor, ist beim Finanzamt eine Ersatzbescheinigung zu beantragen.
Zuständigkeit für Eintragungen: Für sämtliche Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 2010 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 ist nicht mehr die Gemeinde, sondern das Wohnsitzfinanzamt des Arbeitnehmers zuständig. Für die Verwaltung der Meldedaten bei Heirat, Geburt, Kirchenein- oder -austritt etc. bleiben weiterhin die Gemeinden zuständig. Änderungsanträge müssen also schon in 2010 beim Finanzamt gestellt werden, wenn sie sich auf das Jahr 2011 beziehen.
Gültigkeit der Freibeträge: Grundsätzlich gelten die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte 2010 auch für die Lohnsteuererhebung im Kalenderjahr 2011. Ein erneuter Antrag ist dafür nicht erforderlich. Daraus folgt, dass ein für 2010 eingetragener Freibetrag oder Faktor - unabhängig von der eingetragenen Gültigkeit - vom Arbeitgeber auch 2011 zu berücksichtigen ist, soweit für 2011 keine abweichenden Eintragungen erfolgt sind. Der Arbeitgeber muss dabei nicht prüfen, ob die Voraussetzungen für diesen Freibetrag in 2011 dem Grunde oder der Höhe nach noch vorliegen. Ist auf der Lohnsteuerkarte 2010 ein Jahresfreibetrag mit einem Gültigkeitsbeginn 1. Februar 2010 oder später eingetragen und auf weniger als 12 Monate verteilt worden, muss der Arbeitgeber den weiterhin gültigen Jahresfreibetrag für den Lohnsteuerabzug 2011 auf das gesamte Kalenderjahr aufteilen. Die Änderung eines Freibetrags/Hinzurechnungsbetrags kann wie bisher nur bis zum 30. November des laufenden Jahres beantragt werden. Im Dezember 2011 eintretende Änderungen können somit nicht mehr 2011 berücksichtigt werden. Nach wie vor besteht die Möglichkeit, auch 2011 erstmals einen Freibetrag/Hinzurechnungsbetrag oder Faktor eintragen zu lassen.
Anzeigepflichten des Arbeitnehmers: Arbeitnehmer müssen die Steuerklasse und die Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010 umgehend durch das Finanzamt ändern lassen, wenn die Eintragungen auf der Karte günstiger sind als die tatsächlichen Verhältnisse zu Beginn des Jahres 2011. Wurde zum Beispiel eine Ehe in 2010 geschieden und sind somit die Voraussetzungen für die Steuerklasse III weggefallen, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Steuerklasse I auf der Lohnsteuerkarte 2010 eintragen zu lassen. Wenn allerdings nur ein für 2010 eingetragener Freibetrag in 2011 nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, die Anpassung zu veranlassen. Ein Antrag auf die Herabsetzung von Freibeträgen empfiehlt sich aber, um Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu vermeiden.
Lohnsteuerbescheinigung: Normalerweise muss der Arbeitgeber dem Finanzamt die Lohnsteuerbescheinigung elektronisch übermitteln. Ist ein Arbeitgeber in Ausnahmefällen davon befreit, erteilt er die Lohnsteuerbescheinigung auf der Rückseite der Lohnsteuerkarte 2010. In diesem Fall muss er dem Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte 2010 nach Ablauf des Kalenderjahres für dessen Einkommensteuererklärung aushändigen. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuerbescheinigung zwar elektronisch übermittelt, aber ein früherer Arbeitgeber auf der Lohnsteuerkarte eine Steuerbescheinigung erteilt hat.
Aushändigung der Lohnsteuerkarte 2010: Kann die Lohnsteuerkarte 2010 nicht beim Arbeitgeber verbleiben (insbesondere wegen einer Lohnsteuerbescheinigung, s.o.), darf er die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 nur dann weiter anwenden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich bestätigt, dass die Abzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 auch für den Lohnsteuerabzug im Übergangszeitraum zutreffend sind. Eine amtliche Bescheinigung ist hierfür nicht vorgesehen, sodass eine formlose Erklärung des Arbeitnehmers als Nachweis ausreicht. Diese Bestätigung ist zum Lohnkonto zu nehmen und mindestens bis zum Ende des Kalenderjahres aufzubewahren.