31.03.2014
Tötung auf Verlangen – Ernstlichkeit des Verlangens
Der BGH hat ein Urteil des LG Verden aufgehoben, durch das ein Angeklagter, der seine Ehefrau erschossen hatte, wegen Tötung auf Verlangen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war. Dies beruhte auf der Revisionseinlegung durch die Tochter des Tatopfers als Nebenklägerin, die einen Schuldspruch wegen Mordes erstrebte.
Gemäß § 216 Abs. 1 StGB setzt die Privilegierung der Tötung auf Verlangen voraus, dass das Tötungsverlangen des Opfers, das den Täter zur Tat bestimmt, ausdrücklich und ernsthaft ist. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage, welche Anforderungen an die Ernstlichkeit eines Tötungsverlangens zu stellen sind, nicht abschließend geklärt. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in einem früheren Urteil im Jahre 1981 festgehalten, dass ernstlich im Sinne des § 216 StGB nur ein Verlangen sei, das auf fehlerfreier Willensbildung beruhe. Der seinen Tod verlangende Mensch müsse die Urteilskraft besitzen, um Bedeutung und Tragweite seines Entschlusses verstandesmäßig zu überblicken und abzuwägen. Es komme deshalb auf die natürliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Lebensmüden an; sei dieser zu einer freien Selbstbestimmung über sein Leben entweder allgemein oder in der konkreten Situation nicht imstande, z.B. als Geisteskranker oder Jugendlicher, der nicht die entsprechende Verstandesreife besitze, so fehle es an einem ernstlichen Verlangen.
Das Fehlen von Willensmängeln der genannten Art ist zwar notwendige, nicht aber auch hinreichende Voraussetzung der Ernstlichkeit des Tötungsverlangens. So kann einem Todesbegehren die privilegierende Wirkung mangels Ernstlichkeit auch dann zu versagen sein , wenn es auf einem Entschluss des Opfers beruhte, der nach obigen Maßstäben frei von Willensmängeln war. Welche weiteren Eingrenzungen des Tatbestandsmerkmals danach geboten sind wird zwar nicht einheitlich beantwortet, der Senat gibt jedoch zu verstehen, dass der Wunsch zumindest von einer gewissen inneren Festigkeit und Zielstrebigkeit getragen sein muss. Dies ist dann anhand aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, was nach Auffassung des Senats durch das Landgericht nur unzureichend erfolgte.
BGH, Urteil des 3 Strafsenats vom 07.10.2010 - 3 StR 168/10 (NStZ 6/2011, S. 340 f.)