31.03.2014
Tod eines unterernährten Babys wird erneut aufgeklärt
BGH, Urteil vom 24. Mai 2011 - 5 StR 565/10
Seit Oktober 2008 versorgte und betreute die zur Tatzeit 18 Jahre alte Angeklagte gemeinsam mit ihrem 21-jährigen Lebensgefährten ihre im Mai 2008 geborene Tochter nur noch unzureichend. Trotz dass sich der sichtbar schlechte körperliche Zustand des Kindes ab Februar 2009 lebensbedrohlich verschärfte, nahmen die Angeklagten keine ärztliche Hilfe in Anspruch. Stattdessen spiegelte die Mutter der zuständigen Betreuerin des Jugendamtes vor, dass alles in Ordnung sei. Das Kind verstarb in der Nacht vom 10. auf den 11. März 2009. Ein von der Unterernährung unabhängiger plötzlicher Kindstod konnte nach gerichtsmedizinischen Erkenntnissen nicht sicher ausgeschlossen werden.
Beide Angeklagte wurden vom Jugendschwurgericht des Landgerichts Hamburg wegen gefährlicher Körperverletzung durch Unterlassen zu Jugendstrafen verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Dabei ist es zu der Überzeugung gelangt, dass der lebensbedrohliche Zustand des Kindes von den Angeklagten erkannt worden ist und dass diese den Tod des Kindes billigend in Kauf nahmen. Indem sie nach Auffinden des - von ihnen nicht erkannt - bereits verstorbenen Kindes den Notarzt alarmierten, seien beide Angeklagte von einem Tötungsversuch durch Unterlassen strafbefreiend zurückgetreten.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Urteil insgesamt aufgehoben und die Sache an eine andere Jugendschwurgerichtskammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen. Dabei beanstandete es die Begründung, mit der das Landgericht den Angeklagten eine Unkenntnis vom Tod des Kindes im Zeitpunkt ihrer vorgeblichen Rettungsbemühungen zugebilligt hat. Rechtsfehlerhaft sei darüber hinaus auch die Strafzumessung des Landgerichts, namentlich die Anwendung von Jugendstrafrecht gegen den im Zeitpunkt der Eskalation des Geschehens bereits erwachsenen Angeklagten. Umfassend zu klären sein wird auch die Frage des Tötungsvorsatzes und der Todesursache in eigener Verantwortung.
Landgericht Hamburg - 617 Ks 15/09 - Urteil vom 16. Juli 2010